Podium „Justiz im Fokus der Öffentlichkeit“

Die Justiz steht je länger je mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Juristische Prozesse werden für private oder politische Zwecke instrumentalisiert und es wird immer wieder die Kritik laut, dass sich die Justiz durch mediale Aufmerksamkeit manipulieren lasse. Welche Faktoren beeinflussen die Wahrnehmung der Justiz in der Öffentlichkeit? Wo liegen problematische Schnittstellen und wie kann mit diesen umgegangen werden?

 

Kurt Imhof, Publizistikwissenschaftler: „Die Boulevard-Medien wurden mit grossen Strafrechtsfällen erfolgreich. Die Bewirtschaftung von Einzelfällen wird in neuster Zeit auch von anderen Medien übernommen. Gerade 12% der Berichtserstattung behandelt die eigentlichen Umstände der Rechtssprechung, der Rest ist emotional, moralisch aufgeladene Empörungsbewirtschaftung. Diese Empörungsdebatten widersprechen in den meisten Fällen wie der Jugendkriminalität und der Raserei den eigentlichen gesellschaftlichen Trends.“

 

Brigitte Hürlimann, Gerichtsberichterstatterin NZZ: „Die Medienberichtserstattung fokussiert meist auf die Strafrechtsfälle. Das liegt zum einen im gesellschaftlichen Interessen an Mord und Totschlag. Es ist in anderen Bereichen aber teils unmöglich überhaupt etwas über die Gerichtsverfahren und deren Inhalten zu erfahren. Ein weiteres Problem ist, dass die journalistische Qualität in der Schweiz zunehmend leidet und sowohl die Ressourcen als auch das Wissen über Gesetze und Verfahren zum Teil schlicht nicht vorhanden ist.“

 

Daniel Jositsch, Rechtswissenschaftler und SP Nationalrat: „An jedem Stammtisch in diesem Land finden sich zwölf „Strafrechtsexperten“. Daher ist es schade, dass die Gerichte selten aktiv kommunizieren um der damit verbundenen Polarisierung Gegensteuer zu geben. Diese Polarisierung hat einen spürbaren Einfluss auf die Politik, aber auch auf den Justizbetrieb. Es bräuchte daher mehr Transparenz. Die Justiz strahlt aber meist aus, dass die Öffentlichkeit eigentlich unerwünscht ist.“

 

Marie Schurr, Bezirksrichterin und SP-Kandidatin für das Bezirksgerichtspräsidium: „Es stört mich, dass viele reisserischen Artikel über die Justiz von Journalisten geschrieben werden, die wenig Kenntnis vom Rechtsbetrieb haben. Daher ist der direkte Kontakt zwischen Gericht und Medien von grosser Bedeutung um Verständnis für die Rechtssprechung zu schaffen. Dies wäre durch eine aktiverere Medienarbeit mit einen Pressestamm oder einem offiziellen Gerichtssprecher möglich.“