„Staatsbordell“

Staatsbordell! Städtisches Puff! Sexuelles Vergnügen auf Kosten der Steuerzahlenden – die Schweiz hat eine Schlagzeile! Olé und weil es um Sex geht und die Forderung knackig (aber nicht neu) ist, interessieren sich Medien landauf landab für den von der SP jüngst eingereichten Vorstoss. Man wird sogar ins Talk Täglich zum Herr Steffen eingeladen. Dabei ist die Berichterstattung mehr schlecht als recht. Im genannten Vorstoss wird kein Staatsbordell gefordert, sondern die Bereitstellung einer Liegenschaft, in der Sexarbeiterinnen ihre Dienste selbstorganisiert und im Kollektiv anbieten können. Eine solche Forderung ist nur schon wegen den Mietpreisen in Zürich nötig und passt zu allen anderen Massnahmen für preisgünstigen Gewerberaum.

Aber eine Liegenschaft allein löst die Probleme der Sexworkers nicht. Mit der Einführung der PGVO (Prostitutionsgewerbeverordnung) wurden vielen Sexarbeiterinnen für die Ausübung ihres Gewerbes in Kleinstsalons mehr Steine in den Weg gelegt als Benachteiligungen gegenüber anderem Gewerbe abgebaut. Sexgewerbliche Betriebe und seien sie noch so klein, sind nämlich in Zonen mit einem Wohnanteil von über 50% verboten. Und jetzt zeigt mir Mal ein Quartier in Zürich, wo der Wohnanteil unter 50% ist. Sehr viele bestehende Salons sind in ihrem Bestehen bedroht und damit auch die Frauen in ihrer Existenz. Anstatt die Frauen zu schützen, werden sie damit noch mehr diskriminiert und in die Illegalität getrieben. Die Linke fordert deshalb in der BZO-Revision die Aufhebung dieser 50%-Bestimmung.

Auch was die Bewilligungspflicht für Einzelsalons betrifft, sind Missstände festgestellt worden. Eigentlich wollte man Kleinstsalons von einer bis zwei Sexarbeitenden von der polizeilichen Bewilligungspflicht ausnehmen. Die Formulierung in der PGVO führt nun aber dazu, dass eine Bewilligung verlangt wird, sobald in einer Liegenschaft mehrere Sexarbeiterinnen wenn auch unabhängig voneinander und in unterschiedlichen Zimmer und Wohnungen, ihr Gewerbe ausüben. Auch hier hat die Linke einen Vorstoss eingereicht, um diesen Missstand zu beheben und die enge Definition von Kleinsalon zu lockern.

Was die Räumung des Strassenstrichs am Sihlquai angeht, so war dies zwar gut gemeint, doch muss man sich wohl eingestehen, dass dem Anliegen einer sauberen und ruhigen Stadt und damit den Anliegen der anwohnenden Bevölkerung weit mehr Rechnung getragen wurde, als den Sexarbeitenden einen Dienst erwiesen wurde. Die Gebühren auf dem Strichplatz in Altstetten sind so hoch, dass viele gar kein Ticket kaufen und sich lieber in die Illegalität begeben, was sie weiter präkarisiert. Die Kosten für die Kontrollen stehen in keinem Verhältnis zu den Einnahmen. Deshalb fordert die Linke die Abschaffung der Ticketgebühren.

Auch dass in der ganzen Stadt nur in drei Zonen (Depotweg, Brunau und Niederdorf) legal auf öffentlichem Grund angeschafft werden kann, ist absurd. Das Sexgewerbe ist seit Jahrzehnten im Langstrassenviertel zuhause, doch wer heute dort arbeitet, riskiert Kontrollen, Bussen und Wegweisungen, massive und vor allem unnötige Repressionen, die die Sexarbeiterinnen weiter benachteiligen. Deshalb wollen wir auch in diesem Viertel legale Strichzonen.

Es geht also um weit mehr als eine städtische Liegenschaft, in der sexuelle Dienstleistungen angeboten werden können. Aber die Streichung eines Paragrafen in der BZO ist halt weniger sexy als die Diskussion um ein „Staatsbordell“.