75 Jahre Bernhard Theater Zürich 

Rede der Stadtpräsidentin Corine Mauch zum 75jährigen Jubiläum des Bernhard Theaters

 

Lieber Hausherr, lieber Andreas Homoki

Sehr geehrte Frau Theaterdirektorin, liebe Hanna Scheuring

Liebe Künstlerinnen und Künstler

Liebes Team des Bernhard Theater und des Opernhauses

Geschätzte Gäste

 

Willkommen, Bienvenue, Welcome! Im Berlin der frühen 30er Jahre! Willkommen in den Klubs und Spelunken der Stadt. Wo sich in einer Welt aus Plüsch und Strass, Glitzer und Blattgold eine schillernden Bohème durchs Leben schlug.

Ja, Sie hören richtig: Wir befinden uns gerade in Berlin. Umgeben von den Lämpchen, dem Wandschmuck, den Vorhängen und Leuchtern aus dem Musical «Cabaret», das aktuell auf dem Spielplan des Bernhard Theater steht. Und das ist eine wunderbare Koinzidenz, denn vom Berliner Kit Kat Klub der frühen 30er bis ans Zürcher Bellevue ist es nicht weit. Denn gut zehn Jahre später heisst es am 19. Dezember 1941 in den Gebäuden des ehemaligen «Grand Café Esplanade» nämlich ein erstes Mal «Härzlig willkomme». Der beliebte Volkschauspieler Rudolf Bernhard eröffnet sein eigenes Theater mit einer (Zitat) «lustigen Eröffnungs-Revue». Und das ist doch bemerkenswert, bedenkt man die Zeit, in der dies geschieht. Europa versinkt im Grauen des Zweiten Weltkriegs. Und in Zürich wird ein Theater eröffnet.

Bernhard sieht seine Institution als Ort der Sehnsucht. Im Editorial seines ersten Programmhefts ist zu lesen: «Gerade jetzt ist es notwendig, eine Bühne zu schaffen, die nichts anderes will, als Heiterkeit und gute Laune zu bringen, eine Oase, in der es nur die heitere Muse gibt – ein Weihnachtsgeschenk an meine Freunde.» Der Wahlzürcher zelebriert das Private. Das Publikum soll sich in seinem Theater vorkommen wie (Zitat) «Gäste bei einem Plauderstündchen in meiner Wohnung».

In dieser bewussten Abkehr vom gesellschaftlichen und politischen Alltag manifestiert sich eine politische Haltung. Die Kunst wird als Gegenkraft zum Kriegsalltag etabliert. Und bekommt dadurch noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Es zeigt sich hier schön wie sich Kunst und Gesellschaft, Kultur und Politik durchdringen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint.

Natürlich: Es gab auch dunkle Zeiten. Denken wir an die Schuldenkrise in den 90er Jahren mit dem tragischen Freitod des damaligen künstlerischen Direktors Eynar Grabowsky und die darauf folgenden Jahre der Unsicherheit und der Wechsel. Doch gab es bei den Verantwortlichen immer ein konstruktives Denken, das für die Zukunft des Hauses einstand. Und so ermöglichte, dass das Theater heute unter den Fittichen des Opernhauses wieder auf festem Grund steht.

Der Spielplan liest sich – ganz in der Tradition des Eröffnungsabends – wie eine einzige grosse rauschende Revue. Über die Jahrzehnte hinweg bot die Bühne Raum für unterschiedliche Kunstformen. Für Schwänke, Kabarett, Musicals, Bunte Abende oder Kindermärchen ebenso wie für literarische Veranstaltungen und Diskussionen.

Ich werde mich hüten, an dieser Stelle einzelne Namen von Künstlerinnen oder Veranstaltern herauszupicken, denn mit jedem Namen, den ich erwähnen würde, würden am Horizont unheilvoll zehn weitere Namen aufziehen, die ich nicht erwähnt habe, obwohl sie zweifelsohne ebenfalls erwähnenswert gewesen wären. Das gäbe unweigerlich schlechte Stimmung. Und schlechte Stimmung hat an diesem Ort und gerade heute nichts verloren.

Erheben wir lieber das Glas! Hans Gmür, Mitbegründer des legendären Bernhard-Apéro, berichtet in seinen Memoiren von einer schmächtigen alten Dame, die (Zitat) «allein an einem Tischchen sass. Vor sich hatte sie nicht weniger als zwölf Gläser mit Cynar stehen. Auf die Frage, ob sie sich nicht doch ein bisschen sehr reichlich eingedeckt habe, erwiderte sie mit Würde: „Ich erwarte eben noch eine Freundin!“»

Ich selber begnüge mich mit einem Glas, wünsche aber nicht weniger würdevoll als diese unbekannte Dame und sehr herzlich: «Alles Gute, Bernhard Theater! – Auf weitere 75 erfüllte Theaterjahre!»