Bewegen verboten
Immerhin gelang es dem Sicherheitsvorsteher dadurch, mit einer unwesentlichen Debatte von der skandalösen Praxis seiner Polizei abzulenken. Diese verteilt nämlich systematisch Bewegungsverbote für abgewiesene Asylbewerbende. Das Zürcher Migrationsamt verbietet ihnen, sich frei zu bewegen. Abgewiesene Asylsuchende dürfen sich nur innerhalb des Gemeindegebiets ihrer Notunterkunft bewegen, dieses aber nicht verlassen, sonst machen sie sich strafbar, verstossen gegen das Gesetz und müssen mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Busse rechnen. Für einen dringenden Termin müssen sie das Migrationsamt um eine Reisebewilligung bitten. Um von Kemptthal nach Winterthur oder Adliswil nach Zürich zu reisen! Was für eine Absurdität. Reine Schikane. Das sind Menschen, die von der Nothilfe leben, die nichts haben, die eine Busse nicht bezahlen könnten und den Staat im Gefängnis teurer zu stehen kämen als in der Notunterkunft. Die Verbote sind also kaum anwendbar, sie dienen einzig dazu, diesen Menschen das Leben zu erschweren und sie zu einer schnellen Ausreise zu bewegen. Dass viele von ihnen sogar zurückwollen, aber nicht können, bedenkt man nicht. Sie stecken hier fest, aber anstatt ihnen zu ermöglichen etwas aus ihrem Leben zu machen, schikaniert und kriminalisiert man sie. Ihr einziges Verbrechen: falsche Staatsangehörigkeit. Ihr einziges Vergehen: Flucht vor Hunger und Armut, Ausweglosigkeit, Krieg, Verbrechen, unmenschlichen Lebensbedingungen und die Suche nach dem Glück auf ein menschenwürdiges, anständiges Leben in Sicherheit.
Es beschämt mich wirklich zutiefst, wie wir mit diesen Menschen umgehen. Sie in Löchern wohnen lassen ohne Tageslicht, ohne Privatsphäre, ohne die Möglichkeit zu arbeiten. Und nun noch das mit dem Bewegungsverbot. Damit überholt Zürich den für seinen restriktiven Umgang mit Asylsuchenden berüchtigten Kanton St. Gallen rechts. Man ist fast versucht zu sagen, man behandelt in diesem Land jedes Haustier besser als diese schutzsuchenden Menschen. Man mag mich jetzt belächeln und mich daran erinnern, dass es halt Gesetze gibt und diese anzuwenden seien, und dass wir halt nicht alle aufnehmen können, nicht allen hier ein menschenwürdiges Leben ermöglichen können.
Aber Erstens: diese Menschen sind hier, sie machen knapp 1% unserer Wohnbevölkerung aus (im Libanon sind es 25%), sie stehen an unseren Grenzen und wollen rein. Was in Como geschieht ist untragbar, unschweizerisch, unmenschlich. Die Schweiz ist ein reiches Land mit vielen Möglichkeiten. Europa ist reich, die Menschheit ist reich! Es liegt nur an der Verteilung dieses Reichtums und wer darüber verfügen kann. Und Zweitens: solange wir nicht im Stande sind, dahingehend die Welt zu verändern, dass dieser Reichtum gerecht verteilt wird, solange ist es unsere Verantwortung diesen Menschen, Schutz zu geben, ein menschenwürdiges Leben zu bieten, sie aus dem Elend zu erlösen.