Dringender Aufruf
In einem Monat sind bereits wieder Abstimmungen und es fällt schwer, sich auf eine der vielen zu konzentrieren, die irgendwie alle so wichtig sind. Es gibt am 28. Februar viel zu verteidigen: unseren Rechtsstaat, unsere wichtigste Ressource, die Bildung, unseren Berg und die Errungenschaft des Schienenverkehrs vor dem Strassenverkehr, unsere fairen Löhne und es gilt die Entwicklung zu einer liberaleren Gesellschaft zu verteidigen. Es sind die ersten Abstimmungen seit den Wahlen 15, bei denen die SVP noch mehr Sitze gewann und die Schweizer Politik noch mehr nach rechts rückte.
Wir sind entsetzt über den offenen Rassismus in Deutschland, der den Flüchtlingen entgegengeschleudert wird und schnallen nicht, dass in der Schweiz nur deshalb bisher nicht gleich viele Flüchtlinge angekommen sind, weil bei uns diese Fremdenfeindlichkeit längst in den Gesetzen verankert ist. Bei uns werden Menschen die helfen, die Solidarität leben und sich zu Toleranz bekennen schon lange als Gutmenschen beschimpft. Ja wir leben in einem Land in dem man sich schämen muss, wenn man Mitgefühl zeigt, sich unentgeltlich für andere engagiert, den Mund aufmacht und für Menschlichkeit einsteht. Dass Flüchtlinge in anständigen Klamotten herumlaufen, die Frechheit haben, sich ein Zimmer mit Fenster zu wünschen und ein Telefon besitzen, bewegt den Schweizer mehr, als dass der Reichtum auf Erden so ungerecht verteilt ist, dass die 62 Reichsten so viel besitzen wie die halbe Weltbevölkerung zusammen. Die Silvesternacht in Köln hat nicht etwa Mitgefühl für alle Frauen die jahrein jahraus von sexuellen Übergriffen betroffen sind, ausgelöst, sondern den Hass gegen die Fremden geschürt. Manchmal frag ich mich, wieso die Welt nicht einfach mal aufhört sich zu drehen um sich so richtig auszukotzen ab all dem Elend das auf ihr betrieben wird.
In dieser Zeit ist es natürlich schwierig eine Forderung zu stellen, die auf Solidarität und Mitgefühl aufbaut. Die Forderung dort bei den Reichsten etwas abzuzwacken, denen ein bisschen auf die Finger zu gucken, ihnen ein paar Spielregeln aufzuerlegen, damit nicht mehr ganz so viele Menschen an Hunger leiden und sterben müssen. Nein lieber man höbelet den Spekulanten, stopft ihnen weiter die Münder und lässt die anderen verrecken. Hauptsache „unsere Wirtschaft“ wird geschützt, unsere Mauern bleiben dicht, was mit den Menschen auf der Welt passiert… pff…
Aber dann plötzlich merkt man, dass man doch nicht allein ist, dass man doch was erreichen kann, dass die Schweiz noch nicht ganz denen gehört. Innerhalb von nur einem einzigen Tag kamen 350’000 Franken zusammen um der zu erwartenden SVP-Plakatkampagne ein Zeichen entgegenzusetzten. Innerhalb nur weniger Tage fanden sich 200 Prominente aus Kultur, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Kirche, die sich gemeinsam gegen die unmenschliche SVP Durchsetzungsinitiative engagieren. Innerhalb von zwei Tagen haben schon 25’000 Menschen den dringenden Aufruf unterzeichnet. Das lässt doch darauf hoffen, dass wir es schaffen, unseren Rechtsstaat zu verteidigen.