Persönlich-Kolumne: Ein Schritt vor, zwei zurück?
Platzspitz, Letten, Bäckeranlage. Heute sind das beliebte Treffpunkte mitten in der Stadt. Nicht so vor 10, 20, 30 Jahren. Damals dachte man primär an Drogenelend. Die vorhandenen Strukturen reichten nicht aus. Deshalb schuf die Stadt Zürich unter anderem – nicht gerade zur Begeisterung des Kantons – das Krankenzimmer für Obdachlose. Heute heisst es Ambulatorium Kanonengasse. Es bietet medizinische Grundversorgung für jene Menschen, die sie sonst nirgends bekommen. Das Ambulatorium braucht es auch heute noch. Denn Obdachlose, Elend und Drogen gibt es weiterhin. Dank erfolgreicher Politik zwar deutlich geringer und vor allem kaum offen sichtbar.
Als ob dieser Erfolg gratis und das Kapitel nun aus der Welt sei, hat der Kantonsrat in seiner Debatte über den KEF, den «konsolidierten Entwicklungs- und Finanzplan», eine massive Kürzung der Präventionsausgaben gefordert. Der kantonale Gesundheitsdirektor hat dem Ambulatorium angekündigt, seine Beiträge 2018 halbieren zu müssen. Man könnte fast ein Muster erkennen damals und heute: Der Kanton ist nicht begeistert. Die Stadt soll’s richten.
Noch hat es der Kantonsrat in der Hand und bis zur Budgetdebatte noch Zeit, diese Kürzung aufzuheben. Denn sie ist nicht nur unsozial, sie ist auch volkswirtschaftlich nicht schlau. Elend beheben und Angebote wieder aufzubauen, ist sehr viel teurer für die Allgemeinheit, als heute konsequent den Erfolg von damals weiter zu führen.