«Zürich – attraktiv durch Innovation und Weltoffenheit»
Sehr geehrte Damen und Herren,
Es freut mich ausserordentlich heute Abend bei Ihnen zu sein und über Zürichs Attraktivität und die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen der Stadt Zürich zu sprechen. Ich bin stolz darauf, in einer so vielseitigen und multikulturellen Stadt wie Zürich zu leben, sie ist ein Erfolgsmodell. In einer Zeit, in der isolationistische Tendenzen bestehen – sowohl in wirtschaftlicher wie auch in sozialer Hinsicht –, sind urbane Zentren speziell gefordert, entschieden gegen Stillstand und Abschottung und für Innovation und Weltoffenheit einzustehen. Wir wollen auch in Zukunft die Lebensqualität und die wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten gewährleisten, die wir heute geniessen.
Ich werde in meinem Vortrag auf Themen eingehen, die meines Erachtens entscheidend sind, damit wir auch weiterhin in einer attraktiven Metropole leben und von wirtschaftlichen Möglichkeiten und der gesellschaftlicher Vielfalt profitieren können. Wir befinden uns an einem Punkt in der Geschichte, wo uns ein disruptiver wirtschaftlicher Strukturwandel bevorsteht. Die Digitalisierung hat einen branchenübergreifenden Einfluss auf alle Sektoren unserer Wirtschaft und bringt sowohl Chancen wie auch Herausforderungen mit sich. Um den Erfolg weiterhin zu gewährleisten, der uns auch in Zukunft das Leben ermöglicht, das wir uns für uns und für die nächsten Generationen wünschen, müssen wir heute die Weichen stellen.
Natürlich kann Innovation durch strategische Massnahmen gezielt gefördert werden. Es ist aber vor allem die offene Grundhaltung einer Stadt, die ein Umfeld zu schaffen vermag, in dem kreatives und innovatives Schaffen möglich wird – in wirtschaftlicher wie auch kultureller Hinsicht. Diese Weltoffenheit ist unerlässlich, um einen optimalen Nährboden für neue Ideen und innovative Ansätze zu ermöglichen. Offenheit bedeutet aber nicht nur empfänglich zu sein für äussere Einflüsse wie neue Technologien, Ideen und Entwicklungen, sondern auch offen und empfänglich zu sein für die inneren Stimmen unserer Stadt. Durch die direkte Demokratie und mit verschiedensten Partizipationsprozessen bezieht die Stadt Zürich ihre Bevölkerung aktiv in die Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse ein. Nur so kann das Potenzial einer Stadt tatsächlich entfaltet und genutzt werden.
Innovation…
Essentiell für den Erfolg der Stadt Zürich sind – neben einem offenen und solidarischen Gesellschaftsmodell – ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und ihr Innovationsgeist.
Zürich ist eine der führenden Wirtschaftsmetropolen in Europa und der ganzen Welt. Aufgrund unserer hohen Lebensqualität, politischen Stabilität und einer Vielzahl und Vielfalt an kulturellen Angeboten wirkt Zürich heute wie ein Magnet für gut ausgebildete Arbeitskräfte. Dieser Erfolg ist aber nicht selbstverständlich. Ein Blick zurück in die Vergangenheit macht dies deutlich.
Seit dem frühen 20. Jahrhundert hat sich Zürich langsam, aber sicher von einer industriell geprägten Stadt zu einem der führenden Finanz- und Geschäftszentren der Gegenwart entwickelt. Dieser Wandlungsprozess ging jedoch nicht reibungslos und ohne Rückschläge über die Bühne. Mit der Ölkrise in den 1970er Jahren und der darauffolgenden De-Industrialisierung, gingen 60‘000 Arbeitsplätze im Industriesektor verloren. Innert weniger Jahre mussten verschiedene Fabriken ihre Produktion einstellen. Zürich West schien verlassen und ungenutzt, ganze Areale lagen brach. Dieser Strukturwandel bewirkte eine tiefgreifende Umgestaltung der Wirtschaftslandschaft. Während im Stadtzentrum der Dienstleistungssektor boomte und viele hochqualifizierte Arbeitskräfte anzog, herrschte in der Peripherie und in den Industriegebieten ein regelrechter Stillstand. Bis Mitte der 1990er Jahre war die Bevölkerungszahl der Stadt Zürich rückläufig. Die Stimmung war pessimistisch. Der Umschwung kam – unter anderem – mit einer neuen Mentalität des Dialogs und der Zusammenarbeit. Eine neue Bau- und Zonenordnung und die Liberalisierung des Gastgewerbes sorgten für neue Impulse. Der Optimismus kehrte langsam wieder zurück. Heute können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von KMU bis hin zu multinationalen Unternehmen sich darauf verlassen, dass ihre Arbeitnehmenden gerne in dieser Stadt arbeiten und leben. Im Mercer-Ranking zur Lebensqualität steht die Stadt Zürich auch dieses Jahr wieder an weltweit zweiter Stelle.
Heute steht uns ein weiterer einschneidender wirtschaftlicher Strukturwandel bevor, befeuert durch die technologische Entwicklung vor allem im Bereich der Digitalisierung. Neue Produkte haben das Potenzial, bestehende Märkte von Grund auf zu verändern. Effizienzsteigerungen und die Ermächtigung von Konsumentinnen und Konsumenten sind positive Effekte dieser Entwicklung. Der Wandel bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Neue Unternehmensformen wie Uber und Airbnb stellen sowohl Marktteilnehmende als auch regulierende Behörden schon heute vor grosse Herausforderungen. Auch die Finanzindustrie als unser grösster Sektor ist von diesem Wandel – Stichwort „Fintech“ – nicht ausgeschlossen.
Die Stadt Zürich setzt darum sehr viel daran, mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten, um optimale Voraussetzungen für die Zukunft zu gestalten. Die Eröffnung des Technoparks Mitte der 1990er Jahre hat gezeigt, wie wichtig es ist, Räume zur Verfügung zu stellen, in denen die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft ermöglicht wird. Die Stadt räumt einem regen Wissenstransfer in die Praxis einen hohen Stellenwert ein. Sie unterstützt in Kooperation mit öffentlichen und privatwirtschaftlichen Partnern verschiedene Institutionen und Organisationen, welche das Jungunternehmertum und Innovation fördern – so. z.B. das Startzentrum, den Blue Lion Inkubator oder den Verein GO! für Mikrokredite. Im Sommer 2015 wurde im Stadthaus unter der Schirmherrschaft der Stadt und des Kantons Zürich die Initiative Digital Zurich 2025 – jetzt Digital Switzerland – lanciert, welche Zürich als attraktiven digitalen Hub positionieren will; dies nicht nur, aber auch für Startup-Unternehmen. Aktuell engagiert sich die Stadt im Kickstart Accelerator Programm von
Digital Switzerland mit dem Thema Smart City. Sechs bis acht innovative Startups werden im Rahmen des Programms nach Zürich eingeladen und entwickeln ihr Geschäftsmodell und ihre Produkte Hand in Hand mit Spezialistinnen und Spezialisten aus der Stadtverwaltung und der Privatwirtschaft. Ein intensiver Austausch zwischen Wissenschaft, Jungunternehmen und etablierten Institutionen fördert das Innovationspotenzial unserer Stadt.
…Diversität…
Nicht nur unsere Wirtschaftslandschaft befindet sich im stetigen Wandel, sondern auch die Zusammensetzung unserer Bevölkerung. Das Zürich von heute ist wahrhaftig eine diverse und multikulturelle Metropole. Eine Vielzahl an kulturellen Identitäten und Lebenseinsformen sind Faktoren, die zur Diversität unserer Stadt beitragen.
Die Bevölkerung der Stadt Zürich wächst. In den letzten zwanzig Jahren hat Zürich einen konstanten Zuwachs erlebt und zählt heute eine Wohnbevölkerung von über 415‘000 Menschen. Dies entspricht wieder dem Stand von 1970. Zürich ist ethnisch divers: Menschen aus 173 Nationen leben in unserer Stadt. Rund ein Drittel unserer Bevölkerung hat eine ausländische Nationalität und 6 von 10 Leuten, die in Zürich leben, haben einen Migrationshintergrund.
Die öffentlichen Behörden haben den Auftrag, den vielschichtigen Bedürfnissen einer super-diversen Bevölkerung nachzukommen. Super-Diversität bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur das Zusammenleben von vielen Nationalitäten, sondern auch von unterschiedlichen Lebenseinstellungen und sozio-ökonomischen Situationen.
Der Schweizer Autor Hugo Loetscher, ein waschechter Stadtzürcher, definierte schon im Jahr 1994 das Phänomen Stadt als „Ort der grösstmöglichen Gleichzeitigkeit aller menschlichen Möglichkeiten“. Diese Möglichkeiten offenbaren das Potential einer Stadt. In Zürich sehen wir darum die urbane Diversität nicht als Bürde, sondern als Potential, das es zu nutzen gilt. Sie vermag sowohl sozialen Zusammenhalt und Mobilität als auch ökonomische Leistungsfähigkeit zu stärken. Die Politik muss darum Strategien vorgeben, um Nutzen aus der gesellschaftlichen Diversität zu ziehen. Die Strategien des Stadtrats «Zürich 2035» tragen dem Rechnung.
Der Bevölkerungszuwachs – im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren – hat zu einem Bauboom in unserer Stadt geführt, der bis heute anhält. Die bestehende Wohnkapazität, abhängig von der bestehenden Bau- und Zonenordnung, bietet in einem realistischen Szenario Platz für 60’000 weitere Einwohnerinnen und Einwohner bis zum Jahr 2040. Die Stadt Zürich ist gewappnet für ein substantielles Wachstum in den nächsten Jahren, muss aber noch weiter denken, da die Prognosen 100’000 Menschen mehr vorsehen bis 2040. Eine weiterführende innere Verdichtung ist deshalb ein Muss und führt nicht unbedingt zu günstigeren Mieten. Das Schlagwort heisst Gentrifizierung, und diese kann in mehreren Gegenden der Stadt beobachtet werden. Die Wohnstrategie des Stadtrats, das «Programm Wohnen», nimmt sich diesen Herausforderungen an. Das Hauptziel besteht darin, die
soziale Vielfalt in Nachbarschaften zu erhalten und allen Bevölkerungsgruppen erschwinglichen Wohnraum in der Stadt zu bieten.
Der städtische Wohnungsmarkt funktioniert immer noch in jeder Hinsicht für die gesamte Bevölkerung. Die Vergabe von Baurechten auf städtischem Grund, Kredite für Wohngenossenschaften oder die Organisation verschiedenster Architekturwettbewerbe sind Beispiele für Zürichs wohnpolitischen Ansatz. Die Stadt und die mit ihr verbundenen Stiftungen besitzen rund 12‘000 Wohnungen, von denen mehr als ein Drittel subventioniert werden, d. h. strengere Vorgaben zu Einkommen, Vermögen und Belegung müssen eingehalten werden. Zusätzlich unterstützen wir Institutionen, die Unterkünfte für Junge, Alte und Hilfsbedürftige verwalten. Wir arbeiten intensiv mit privaten Investorinnen und Investoren und Genossenschaften zusammen, um adäquate Wohnsituationen für alle Bevölkerungsgruppen zu bieten. Die Stadt unterstützt die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum. Unser Ziel gemäss Volksabstimmung und Gemeindeordnung ist es, dass bis 2050 ein Drittel aller Mietwohnungen in Zürich gemeinnützig sein werden. Dieses Ziel ist sehr ambitioniert, wenn man berücksichtigt, dass unsere Stadt weiter wachsen wird. Wir sind aber auf gutem Weg. Wenn man nicht die Wohnungen, sondern die Personen als Messgrösse nimmt, lebt bereits heute ein Drittel aller Mieterinnen und Mieter in gemeinnützigen Wohnungen. Die höhere Belegungsdichte in gemeinnützigen Wohnungen ist der Grund dafür.
Ein anderes Element der städtischen Wohnpolitik ist die Entwicklung und Errichtung neuer Gebäudekomplexe, die den ökologischen Standards entsprechen, um den Anforderungen einer 2000-Watt Gesellschaft zu genügen. Auch hinter diesem Ziel steht eine Volksabstimmung. Was genau bedeutet die 2000-Watt Gesellschaft für Zürich? Bis 2050 werden wir die CO2 Emissionen um 80% und unseren Energiekonsum um 50% reduziert haben. Nachhaltigkeit ist ein integraler Teil unserer Gemeindeordnung und darum auch ein integraler Teil unserer Stadtentwicklungspolitik.
Die Diversität unserer städtischen Bevölkerung wird ebenfalls weiter ansteigen. Neben international tätigen Firmen, die hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland in die Stadt bringen, gibt es auch Menschen, die aus Not bei uns Zuflucht suchen. Die Flüchtlingsthematik wird uns auch in Zukunft weiter beschäftigen. Zürich als grösstes urbanes Zentrum des Landes hat die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen, um Neuankommenden möglichst schnell ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die Stadtzürcher Bevölkerung hat sich stets klar gegen Initiativen ausgesprochen, die Restriktionen in der Zuwanderung vorgaben.
Wie bereits erwähnt, zieht Zürich viele Menschen auch aus wirtschaftlichen Gründen an. Einige von ihnen – speziell die jüngere Generation – bleiben oft nur ein oder zwei Jahre. Ein Grossteil der eingewanderten Bevölkerung bleibt jedoch länger als geplant. Integration ist ein Thema, das alle betrifft. Integration ist ein Prozess, den die Stadt unterstützen kann, aber sie hängt auch von der Bereitschaft der Zivilgesellschaft ab, diese Menschen willkommen zu heissen.
Die Grundpfeiler unserer Integrationspolitik beinhalten die Verbesserung der Chancengleichheit und die Stärkung der individuellen Verantwortung. Wir pflegen eine Willkommenskultur zwischen den Neuankommenden und den städtischen Behörden. Zum Beispiel bieten wir einen Welcome Desk in verschiedenen Sprachen an, an dem neue Einwohnerinnen und Einwohner verschiedenste Fragen zum alltäglichen Leben beantwortet bekommen. Integration findet heute in Zürich jeden Tag statt und unsere Integration ist erfolgreich.
…Weltoffenheit…
Der dritte Teil meiner Präsentation beschäftigt sich mit der Herausforderung, eine städtische Entwicklung voranzutreiben, die allen Teilen unserer vielfältigen Bevölkerung gerecht wird. Nur eine offene Stadt, die ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern die Mitsprache ermöglicht, kann sich gesund und dynamisch entwickeln. Die Partizipationskultur, die Zürich heute pflegt, ist historisch gewachsen. Ein wegweisendes Beispiel diesbezüglich ist die Entwicklung der Kulturlandschaft der Stadt Zürich.
Die ‚Opernhaus Krawalle‘ in den frühen 1980er Jahren forderten vorherrschende Systeme der Stadtpolitik heraus. Eine politisch und kulturell aktive Jugendbewegung forderte eine Änderung des Status Quo und setzte sich für mehr Raum und finanzielle Unterstützung für alternative Jugendkultur ein. Zu Beginn ignorierte die Stadtregierung den einsetzenden sozialen Paradigmenwechsel und versuchte die Bewegung lahmzulegen. Die Spannungen hielten aber an. Sogar der britische ‚Economist‘ stellte die Stabilität der Stadt Zürich in Frage, mit der Überschrift: „Is nowhere safe?“.
Erst als die Behörden anerkannten, dass eine diverse Gesellschaft verschiedene Bedürfnisse und Anforderungen mit sich bringt, begann sich die städtische Entwicklung zum Besseren zu wenden. Der Stadtrat berief das sogenannte „Stadtforum“ ein, in dem Vertreterinnen und Vertreter der betroffenen Nachbarschaften, Grundbesitzende und öffentliche Behörden zusammenkamen, um ihre Anliegen zu diskutieren. Innert weniger Jahre entwickelten sich verschiedene Mischnutzungen in Zürich West, die den Grundstein legten für das am schnellsten wachsende und dynamischste Quartier der Stadt – den Kreis 5. Re-Urbanisierung und kulturelle Öffnung – Kernanliegen der Jugendbewegung – entfachten das kreative Potenzial einer jungen und hungrigen Generation.
Nur durch diese gesamtheitliche Sicht auf die städtische Entwicklung und eine Strategie, die die kreative Energie der Jugendbewegung zu integrieren vermochte, war es möglich, die Herausforderungen des Wandels von Zürich West zu meistern. Zürichs Ruf als Stadt mit sowohl mediterranem „joie de vivre“ als auch der ausgeprägten Geschäftstätigkeit ist das Produkt der Dialektik des sozialen Protests anfangs der 1980er Jahre und der Transformation unserer Wirtschaftslandschaft. Die Erkenntnisse aus dieser Zeit des Wandels und die daraus entstanden Stossrichtungen und Programme dienen heute noch als wegweisende Elemente unserer Politik.
Grössere soziale Spannungen in der jüngeren Geschichte von Zürich beschränkten sich aber nicht nur auf die Jugendunruhen in den 1980er Jahren. Es schien, als ob ein neuer
Tiefpunkt erreicht sei, als sich eine offene Drogenszene rund um den Hauptbahnhof entwickelte. Tausende von Süchtigen aus ganz Europa fanden sich in den 1990er Jahren auf Zürichs berüchtigtem Platzspitz ein.
Ein erster repressiver Ansatz mit der polizeilichen Schliessung des Platzspitz schlug fehl und die Szene verschob sich auf das Areal des ehemaligen Bahnhofs Letten. Erst als ein pragmatischer und innovativer Ansatz gewählt wurde, der neben polizeilichen auch soziale, medizinische und präventive Massnahmen beinhaltete, kriegte man das Drogenproblem in den Griff. Diese Vier-Säulen-Politik wird nach wie vor praktiziert und wurde zur Vorlage für die nationale Drogenpolitik. Städte sind immer wieder „Labors“ für nationale Entwicklungen.
Heute stellt der „Economist“ die Sicherheit der Stadt Zürich nicht mehr in Frage, sondern bescheinigt uns, eine der kompetitivsten und lebenswertesten Städte weltweit zu sein. Wie bereits erwähnt – zukünftige erfolgreiche Entwicklung ist aber nicht selbstverständlich, und die Weichen dafür müssen schon heute gestellt werden.
Wir unterstützen darum auch weiterhin ein gutes Zusammenleben der Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Zürich. Ein Mittel dafür sind Partizipationsprozesse in verschiedenen Nachbarschaften, um eine aktive Zusammenarbeit mit den Behörden zu ermöglichen. Gleichzeitig ist dies ein Mittel, um der Stadtverwaltung die Alltagsrealität „vor Ort“ zu vermitteln. Um da, wo möglich, auch die Mitsprache der Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher ohne Schweizer Pass zu fördern und damit unsere Demokratie zu stärken, werden wir 40‘000 Mitbürgerinnen und Mitbürger, die die nötigen Wohnsitzfristen erfüllen, auf persönlichem Wege über ihre Möglichkeiten der Einbürgerung informieren. Es ist uns ein Anliegen, allen Menschen, die in Zürich verwurzelt sind, Mitsprache zu ermöglichen – da wo dies möglich ist, auch die politische Mitsprache.
…lessons learnt
Als urbaner Raum wird sich die Stadt Zürich auch weiterhin kleineren und auch grossen Veränderungen stellen. Um auch zukünftige Herausforderungen zu bewältigen, hilft oft ein Blick zurück in die Vergangenheit, um uns klar zu werden, wie wir dahin gelangen konnten, wo wir heute stehen. Eine innovative Stadt bedingt eine weltoffene Einstellung.
Richard Florida, der berühmte amerikanische Ökonom, erklärt in seinem Buch „The rise of the creative class“ (2002), dass Metropolitanräume mit einer hohen Konzentration von Arbeiterinnen und Arbeitern im Technologiesektor oder Kunstschaffenden ein höheres Niveau an wirtschaftlicher Entwicklung aufweisen. Erfolgreiche Städte kombinieren die drei T‘s – Talente, Technologie und Toleranz.
1. Talente: Die Stadt Zürich ist attraktiv durch ihre Talente. Google, IBM, Bombardier und andere internationale Unternehmen haben sich für Zürich als zentralen Standort in Europa entschieden. Führende internationale Unternehmungen gehen dorthin, wo sie attraktiv für die besten Talente sind. Das gilt ebenfalls für die Kreativwirtschaft. Das international angesagte Mode-Label «Vêtements» hat kürzlich seinen Hauptsitz und sein Designbüro mit rund 40 Angestellten aus Paris nach Zürich in die Binz verlegt.
2. Technologie: Die universitären Strukturen der Stadt Zürich gehören zu den besten in ganz Europa. Unsere technische Hochschule – die ETH – belegt regelmässig Spitzenplätze in internationalen Rankings. Aber auch im Kreativbereich sind wir mit der ZHdK gut aufgestellt, um immer wichtiger werdende kreative Arbeitsplätze optimal besetzen zu können.
3. Toleranz: Zürich ist seit Jahrhunderten von Grund auf liberal. Den Grundstein hat die Reformation gelegt, deren 500-Jahre-Jubiläum wir derzeit feiern. Die Toleranz und die Freiheit des „anders Seins“ zieht kreative Leute und Querdenkende von überall auf der Welt an. Kreative Arbeit braucht ein kreatives Umfeld.
Dass wir die drei T’s erfolgreich umsetzen, bescheinigt uns eine kürzlich publizierte Studie der INSEAD und Adecco. Sie attestiert der Stadt Zürich die weltweit zweithöchste Attraktivität für internationale Talente. Neben wirtschaftlicher Attraktivität ist dies aber auch auf andere Faktoren zurückzuführen.
Kultur ist eine ungemein wichtige Voraussetzung für Innovation und Kreativität in Zürich. Sie wird als „weicher“ Standortfaktor bezeichnet, spielt aber eine entscheidende Rolle für die Lebensqualität und den wirtschaftlichen Erfolg unserer Stadt. Sprich: Ausgaben in die Entwicklung unserer Kulturlandschaft sind Investition in die Zukunft. Die Stadt Zürich investiert jedes Jahr rund 100 Millionen Schweizer Franken in die Kultur. Institutionen wie das Kunsthaus, Schauspielhaus, Schiffbau, Cabaret Voltaire, Museum Rietberg und die Rote Fabrik sorgen für kulturelle Vielfalt und werden von der Stadtbevölkerung geschätzt. Aber auch Private leisten dazu sehr wichtige Beiträge.
Die kulturelle Entwicklung der Stadt Zürich über die letzten drei Jahrzehnte war wegweisend. Zürich hat aus den Unruhen in den 1980er Jahren gelernt. Heute ist es uns möglich, uns permanent auf das Neue einzustellen und uns neu zu erfinden. Eine lebendige Kreativszene setzt genau diese Flexibilität voraus. Speziell herausheben möchte ich hierbei in der Kulturförderung die freien Kulturkredite. Diese ermöglichen der Stadt neue und innovative Projekte zu unterstützen und veraltete Muster auch zu verlassen.
Die vergangenen Herausforderungen unserer Stadt, die wir erfolgreich gemeistert haben, dienen uns noch heute als Zeichen, dass urbaner und ökonomischer Wandel als Chance für die zukünftige Entwicklung unserer Stadt zu verstehen ist. Damit dieser Wandel jedoch erfolgreich bewältigt wird, müssen wir offen sein und Mitsprache für alle Teile der Gesellschaft ermöglichen und initiieren. Das Ziel ist, ein Umfeld zu bieten, das unterschiedliche Lebensformen ermöglicht und genug Raum bietet, um innovative Ideen und Ansätze entstehen zu lassen – in Bezug auf kulturelle, soziale und wirtschaftliche Aspekte gleichermassen.
Die Zusammenarbeit unter den Städten zu fördern, wird immer wichtiger. Wir müssen und wollen uns intensiv auch mit anderen urbanen Zentren austauschen und uns gemeinsam die Frage stellen, wie wir in Zukunft zusammenleben wollen. Ein Projekt dazu ist die Idee der Stadt Zürich und von neun weiteren Schweizer Städten, erstmals eine gemeinsame Expo zu organisieren, die das ganze Land umspannt.
Mein Ziel ist es, dass wir uns in Zukunft weiterhin und noch stärker dafür einsetzen können, den Menschen und den Unternehmen in Zürich die besten Konditionen zu bieten, inklusive hervorragender Infrastruktur, exzellenten Schulen und einem vielfältigen Kulturangebot. Unsere Lebensqualität hat ihren Preis und ist etwas wert. Wir müssen auch weiterhin für ausgeglichene öffentliche Finanzen sorgen und uns Herausforderungen wie etwa der zunehmenden Digitalisierung, der Veränderung unserer Arbeitsstadt und der Migration stellen. Zürich muss zur «Smart City» im ganz umfassenden Sinn werden – engagiert für ihre Bewohnerinnen und Bewohner ebenso wie für ihre Unternehmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit