Zürich ruft den Klimanotstand aus!
Gerne gebe ich Ihnen hier meine Interessenbindung bekannt: Ich werde statistisch gesehen noch bis 2080 leben. Es ist also in meinem Interesse, dass das Klima bis zu diesem Zeitpunkt nicht kollabiert, damit ich meinen Lebensabend in einer intakten Umwelt verbringen kann. Und es ist in meinem Interesse, meinen Kindern nicht erklären zu müssen, warum wir, als noch Zeit dazu war, nichts unternommen haben. Nichts unternommen, um das Übel abzuwenden, vor dem uns über 90 Prozent der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewarnt haben.
Ambitioniert, aber legitim
Darum ist es mir ein Anliegen, dass endlich auch der Kanton Zürich Farbe bekennt. Dass wir es den Ländern Grossbritannien, Irland, Deutschland und den Städten Konstanz, Heidelberg, London, Vancouver, Basel, Olten etc. gleichtun und den Klimanotstand ausrufen. Denn wie der Regierungsrat argumentiert: Notstand setzt eine schwerwiegende Störung oder unmittelbare Bedrohung der öffentlichen Sicherheit voraus. Ein zerstörtes Klima und die damit verbundenen Konsequenzen für Mensch, Tier und die gesamte Umwelt stellen durchaus eine schwerwiegende Störung und unmittelbare Bedrohung dar. Vielleicht nicht sofort. Aber in sehr absehbarer Zeit. Daher ist es nur legitim, den Klimanotstand symbolisch auszurufen.
Es ist mir bewusst, dass die Ziele des Postulats sehr ambitioniert sind. Und dass das Bestreben der Klimaneutralität bis 2030 die absoluten Mindestanforderungen des Pariser Klimaabkommens übersteigt. Aber eigentlich übernimmt das Postulat ziemlich genau die Argumentation des Klimaabkommens. Denn auch wenn immer die Rede von einer Beschränkung von 1.5° bis 2°C die Rede ist, empfiehlt der IPCC-Bericht, sich nicht mit dem Ziel von 2°C zu begnügen. Und das ist genau das, was wir hier fordern: netto null bis 2030 anstreben, zwingend aber bis 2050 erreichen.
Eine Chance für den Kanton Zürich
Der Kanton Zürich hat hier die Chance, innovativ zu sein. Eine Vorreiterin, ein Vorbild und eine Motivation für Städte, Regionen und Länder. Es muss immer jemand den Anfang machen, um Veränderungen herbeizuführen. Und der Kanton Zürich hat nun die Chance, als Teil dieses Anfangs in die Geschichte einzugehen. Und nach dem CO2-Gesetz-Debakel auf Bundesebene ist es jetzt umso wichtiger, dass der Kanton Zürich seine Verantwortung eigenständig wahrnimmt. Denn wir können es uns nicht länger leisten, zu warten, bis irgendwann mal ein griffiges, unverwässertes CO2-Gesetz in Kraft tritt.
Ein verantwortungsvoller Kanton Zürich muss alles Menschenmögliche tun, um den zukünftigen Generationen eine intakte Umwelt zu übergeben und dafür zu sorgen, dass sie nicht den Scherbenhaufen unseres Versagens aufräumen müssen. Mit der Überweisung der beiden Postulate zum Klimanotstand hat der Zürcher Kantonsrat einen wichtigen ersten Schritt in diese Richtung getan.